Berlin hat seinen berühmtesten Droschkenkutscher auf den Denkmalssockel erhoben

Er war einer jener Berliner Typen, denen es gelang. mit einer Mischung von Gemüthaftigkeit. Schnoddrigkeit und naiver Beherztheit Geschichte und Geschichten zu machen. „Wat Stresemann nich jeschafft hat, det werde ick machen“ mit diesem Vorsatz setzte sich am 2. April 1928 der Berliner Droschkenkutscher Gustav Hartmann, von seinem klapprigen Gaul „Grasmus“ gezogen, auf der Reichsstraße 1 nach Paris in Bewegung. Die über 2000 Kilometer lange Fahrt sollte ein Werbezug sein für die Verständigung zwischen den Erbfeinden Deutschland und Frankreich zehn Jahre nach dem Ersten Weltkrieg und gleichzeitig eine Kampagne gegen den Niedergang des Pferdedroschkenwesens angesichts boomender Automobilität.

Als Gustav Hartmann am 4. Juni 1928, seinem 69. Geburtstag, an der Seine ankam, war er ein berühmter Mann. Die Pariser Kollegen ernannten ihn zum Ehrendroschkenkutscher. Drei Monate später. Am 1. September 1928 jubelten ihm die Berliner zu. Heinz Rühmann setzte dem weltberühmten Kutscher ein rührendes Filmdenkmal. Hans Fallada erhob ihn zur Romanfigur. Nun erhielt der unerschrockene Fahrensmann aus Wannsee endlich ein Denkmal. Geradeso wie ein anderes Original, nämlich der Hauptmann von Köpenick. der heute vor dem Köpenicker Rathaus steht. Denn der Eiserne Gustav, wie ihn die Berliner Taxifahrer wegen seiner eisernen Energie und Pünktlichkeit nannten, war schon damals so etwas wie die Ikone des Taxiwesens.

Die Wirtschaftsgenossenschaft Berliner Taxibesitzer sowie weitere Verbände und Vereine mussten allerdings bei der Geburt des GustavHartmannDenkmals vielfältige Widerstände von Kommunalpolitikern überwinden, dabei kostete das von Sponsoren finanzierte Bildwerk die öffentliche Hand keine Mark. Noch im letzten Jahr wurde der Regierende Bürgermeister Diepgen bemüht, sich für einen repräsentativen Standort einzusetzen, denn ursprünglich ins Auge gefasste Stellplätze in Wannsee, im Tiergarten, am Brandenburger Tor, Unter den Linden oder im Nikolaiviertel wurden mit Hinweisen auf schon vorhandene Denkmäler abgelehnt.

Nach zermürbendem Hin und Her fand man für die von dem Bildhauer Gerhard Rommel geschaffene Figur einen Platz mitten im Verkehrsgewühl an der Potsdamer Straße. In unmittelbarer Nähe des Kulturforums. Den obligatorischen Zylinder auf dem Kopf und den weiten Radmantel um die Schultern, ein Hufeisen auf der Brust, die Hände verschränkt, so schaut Hartmann hinüber zur neuen Nationalgalerie eine imposante Erscheinung mit langem Bart und aufmerksamem Blick. Es ist, als ob der aus Magdeburg stammende, ursprünglich als Müller und Kolonialwarenhändler tätige und schließlich ais Fuhrunternehmer zu einigem Wohlstand gelangte Hartmann aus einem Felsen herauswüchse. Der brausende Autoverkehr, gegen den Hartmann mit der Kraft einer Pferdestärke anzugehen versuchte, kann dem grauschwarz gefärbten Denkmal zum Glück nichts anhaben, und dass die Kutschfahrt BerlinParisBerlin zu einem großen Medienspektakel wurde, muss man sich hinzudenken. Zur Pflege des selbstverständlich in Eisen gegossenen Bildwerks wurde eigens eine Firma gegründet, die der Stadt Berlin die unumgänglichen Folgekosten etwa für die Konservierung des empfindlichen Metalls und die Instandhaltung der Grünanlage ersparen soll. Mit dem Denkmal wird nicht nur an eine Symbolfigur vergangener Droschkenkutscher Herrlichkeit erinnert, das Bildwerk ehrt auch den Namensgeber einer Stiftung zur Unterstützung alter, verdienter, unverschuldet in Not geratener Angehöriger des Berliner Droschkengewerbes, wie es in der Gründungsurkunde vom